Josef Gredler

Bekehre uns, vergib die Sünde…!

 

Bekehre uns, vergib die Sünde,

schenke, Herr, uns neu dein Erbarmen!

 

Mit diesem Kehrvers des Liedes Nr. 266 aus dem Gotteslob, dem katholischen Gebet- und Gesangbuch, eröffnen wir am Aschermittwoch gerne liturgisch die vierzig Tage der Vorbereitung auf das Fest vom Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu, das uns Christen Heil und Erlösung bedeutet. Die innige Melodie und die klaren, elementaren Worte der sieben Strophen mit dem Refrain, der sie verbindet, möchten uns die Tür öffnen zu einem Umkehren und Neuwerden auf das Osterfest hin. Nach dem Kehrvers heißt es in der ersten Strophe:

 

Der Sohn des Höchsten kam auf unsere Erde,

uns zu erretten aus der Macht des Bösen.

Er ruft die Menschen in das Reich des Vaters.

 

Diese drei Zeilen sind eigentlich so klar, dass sie nicht viel Erklärung brauchen. Mit Gottes Menschwerdung hat die Geschichte unserer Erlösung begonnen. Der Sohn Gottes ist für uns selber in diese Welt gekommen, damit wir nicht mehr der Macht des Bösen in der Welt ausgeliefert sind. Er hat die Fesseln gelöst, mit denen wir an das Böse gekettet sind, und ruft uns alle, einzutreten in das Reich Gottes. Wie das geschehen soll, erfahren wir in der zweiten Strophe:

 

Bekehrt euch alle, denn das Reich ist nahe!

In rechter Buße wandelt eure Herzen!

Seid neue Menschen, die dem Herrn gefallen!

 

Wenn wir in das Reich Gottes eintreten wollen, das in Jesus nahe ist – eigentlich schon begonnen hat –, müssen wir uns bekehren. Dazu müssen wir unser Herz wandeln. Rechte Buße beginnt nicht mit asketischen Übungen, sondern im Herzen. Dort müssen wir neue Menschen werden, die Jesus für das Reich Gottes gewinnen will. Die dritte Strophe gibt uns praktische Hinweise dazu:

 

Hört seine Stimme, ändert euer Leben,

suchet das Gute und lasst ab vom Bösen,

als Gottes Kinder wirket seinen Frieden!

 

Wer sich auf Jesus einlässt, es mit Gott zu tun bekommt, muss hören lernen auf seine Stimme. Im Hören, Hinhören auf ihn können wir unser Leben ändern. Das Gute suchen bedeutet gleichzeitig ablassen vom Bösen. Wir bekommen eine neue Blickrichtung und werden Kinder Gottes. Der Friede, ein Schlüsselwort in der Botschaft Jesu, soll von den Kindern Gottes verwirklicht werden. Und wieder ist es die nächste Strophe, die uns wissen lässt, wie das möglich sein soll:

 

Ihr seid gefunden wie verlor‘ne Schafe,

und in der Taufe seid ihr neu geboren.

Die Kraft des Geistes macht euch stark im Glauben.

 

Wir sind keine verlorenen Schafe mehr. Gott ist Mensch geworden und hat uns gesucht, bis er uns gefunden und aus der Verlorenheit herausgeholt hat. In seinem Auftrag sind wir getauft, sind wir wie neu geboren, neue Menschen. Wir müssen nicht mehr aus eigener Kraft bestehen, denn die Kraft Gottes wird uns stark machen, Flügel verleihen. Wozu, sagt uns die fünfte Strophe:

 

Als Jesu Jünger seid ihr nun gesendet.

Geht hin zu allen, kündet seine Botschaft,

bringt neue Hoffnung auf die ganze Erde

 

Als Getaufte sind wir Jüngerinnen und Jünger Jesu und sollen mitwirken am Reich Gottes. Dazu schickt er uns nun auf den Weg, dass wir seine Botschaft weitersagen, weitertragen und neue Menschen für das Reich Gottes gewinnen. Mit dieser Botschaft bringen wir eine neue Hoffnung in diese Welt. So heißt es dann in der sechsten Strophe:

 

Tut Gutes allen, helft den Unterdrückten

und stiftet Frieden! Liebet euren Nächsten!

Dies ist ein Fasten in den Augen Gottes.

 

Der Sendungsauftrag hört sich einfach an: Gutes tun, den Unterdrückten helfen, Frieden stiften, die Nächsten lieben. Das ist das neue Fasten vor Gott. Das Reich Gottes ist kein kompliziertes Konstrukt. Es hört sich tatsächlich einfach an. Aber einfach heißt nicht billig. Das Reich Gottes entsteht nicht von selbst, wir müssen es herbeiführen, entstehen lassen. Wer sind wir, dass wir das können? Die letzte Strophe holt dazu weit aus, erinnert uns und heißt uns kommen:

 

Ihr wart einst Knechte, er macht euch zu Freunden.

Ihr wart einst Sklaven, er macht euch zu Freien.

Kehrt heim zum Vater, kommt zum Mahl der Freude!

 

Wir sind nicht mehr Knechte, wir sind Freunde Jesu geworden. Wir werden erinnert an längst vergangenen Zeiten, als wir noch Sklaven waren. Jesus, der Sohn Gottes höchst persönlich, hat uns in die Freiheit geführt und zu Freien gemacht. Dieses Umkehren, um das es seit der 1. Strophe geht, ist letztlich ein Heimkehren zum Vater, zur Mutter. Wir sollen zum Mahl der Freude kommen, ein Bild, das Jesus gerne für den Himmel, für das vollendete Reich Gottes verwendet.

 

© Josef Gredler